1. Startseite
  2. Region
  3. Rodgau

Rodgau: Sozialwohnungen sollen bleiben

KommentareDrucken

Das Tor ist zu: Auf dem ehemaligen Werksgelände der Vaihinger Messtechnik sollen 84 Wohnungen entstehen.
Das Tor ist zu: Auf dem ehemaligen Werksgelände der Vaihinger Messtechnik sollen 84 Wohnungen entstehen. © Wolf

Die Stadtverordnetenversammlung in Rodgau hat einen Alleingang des Bürgermeisters Max Breitenbach korrigiert.

Jügesheim - Mit großer Mehrheit lehnten die Stadtverordneten eine Änderung des Bebauungsplans J 54 ab, der eine massive Wohnbebauung an der Ecke Haingraben-/Lessingstraße ermöglicht. Dort befand sich bis vor einigen Jahren ein Gewerbebetrieb. Die Firma Vaihinger stellte Messgeräte her.

Der Bürgermeister hatte auf eigene Faust mit dem Bauträger nachverhandelt, um die Bebauungsdichte abzumildern. Das Ergebnis: Die Anzahl der Wohnungen sollte geringfügig reduziert (von 84 auf 79) und auf vier statt drei Baukörper verteilt werden. Außerdem sollte die Verpflichtung zum Bau von 17 Sozialwohnungen entfallen.

„Das ist für uns keine Option“, konterte SPD-Fraktionsvorsitzender Felix Deister. Das Wohnen im Rhein-Main-Gebiet sei so teuer, dass Sozialwohnungen unverzichtbar seien. Die Fraktionen der SPD und der Freien Wähler Rodgau (FWR) beantragten, an der bisherigen Beschlusslage festzuhalten.

Dieser Antrag ist politisch pikant, weil SPD und FWR eine Koalition mit der CDU anstreben, die sich als Partei des Bürgermeisters versteht. Die Aufstellung des Bebauungsplans und der städtebauliche Vertrag hatten diese beiden Fraktionen jedoch noch im alten Bündnis mit Grünen, FDP und Tierschutzpartei beschlossen.

„Wir freuen uns, dass die Moral doch ein bisschen gesiegt hat“, sagte FDP-Fraktionschef Heino Reckließ. Er warf der SPD-Fraktion vor, einen „Verrat“ an der bisherigen Kooperation begangen zu haben. Dafür kassierte er einen Ordnungsruf des Stadtverordnetenvorstehers Jürgen Kaiser (SPD).

Jenseits des politischen Geplänkels wies Werner Kremeier (Grüne) auf die gesetzlichen Vorgaben hin. Nach der Hessischen Gemeindeordnung müsse der Magistrat die Beschlüsse der Stadtverordnetenversammlung ausführen: „Genau das ist hier nicht erfolgt.“ Bürgermeister Breitenbach habe ohne Auftrag und Mandat nachverhandelt: „Es wurden Veränderungen eingebaut, die dass Parlament damals eigentlich nicht wollte. Für so ein Vorgehen braucht man Verwegenheit, vielleicht auch Dreistigkeit, das kann jeder selbst entscheiden. Und man braucht eine Mehrheit.“

„Ich habe Ihnen nichts untergejubelt“, betonte Bürgermeister Max Breitenbach. Im Bauausschuss habe er die beabsichtigten Änderungen des Bebauungsplans klar erläutert: „Ich habe auch begründet, warum es dazu kam.“ Breitenbach stellte sich auch vor die Mitarbeiter der Stadtverwaltung. Sie hätten mit der Nachverhandlung nichts zu tun: „Das ist auf meine Initiative hin gegangen.“

Die schwierigste Rolle in dieser Debatte hatte die CDU-Fraktion. Sie stimmte einem Antrag ihrer künftigen Koalitionspartner SPD und FWR zu, den sie eigentlich ablehnt. Das geschehe nur „mit Bauchgrimmen“, betonte Fraktionsvorsitzender Clemens Jäger. Die CDU habe am 14. Dezember 2020 gegen eine Bebauung des Vaihinger-Geländes mit einer Grundflächenzahl (GRZ) von 0,45 und einer Geschossflächenzahl (GFZ) von 1,1 gestimmt: „Wir halten das für eine Innenverdichtung für zu viel.“ In Zukunft sollten für Rodgau die Werte von 0,4 und 0,8 gelten, „weil wir der Meinung sind, dass eine Innenverdichtung immer im Verhältnis stehen muss zur umliegenden Bebauung“.

Die 84 Wohnungen auf dem ehemaligen Vaihinger-Gelände entsprächen rechnerisch einer Bebauungsdichte von 119 Wohnungen pro Hektar (WE/ha), sagte Jäger. Beim geplanten Wohngebiet Rodgau-West hätten die meisten Stadtverordneten schon bei 60 WE/ha ein mulmiges Gefühl gehabt: „Vor diesem Hintergrund ist das eigentlich eine planerische Sünde.“ (Ekkehard Wolf)

Massive Bebauung: Das 6281 Quadratmeter große Grundstück darf laut Bebauungsplan zu 45 Prozent überbaut werden. Die Geschossfläche darf größer als das Grundstück sein. Geplant sind drei Wohnblocks mit jeweils drei Stockwerken. Das Luftbild stammt aus dem Jahr 2015.
Massive Bebauung: Das 6281 Quadratmeter große Grundstück darf laut Bebauungsplan zu 45 Prozent überbaut werden. Die Geschossfläche darf größer als das Grundstück sein. Geplant sind drei Wohnblocks mit jeweils drei Stockwerken. Das Luftbild stammt aus dem Jahr 2015. © Häsler

Auch interessant

Kommentare